Dienstag, 03.06.2025

Moderne Ansätze bei der Schmerzbehandlung

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Schmerzen gehören zu den häufigsten Gründen, warum Menschen zum Arzt gehen. Für von akuten Rückenschmerzen, Migräne oder chronischen Leiden wie Arthrose Betroffene ist der Schmerz nicht nur ein körperliches, sondern auch ein seelisches Problem.

In Brandenburg, wo viele Menschen in ländlichen Regionen leben und die Wege zum Facharzt oft lang sind, ist der Bedarf an modernen und gut erreichbaren Therapien groß.

Die Schmerztherapie hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Neue Ansätze, digitale Lösungen und ein verändertes Verständnis von Schmerz bieten Hoffnung für Millionen Betroffene.

Der Schmerz: ein komplexes System

Lange Zeit galt Schmerz als rein körperliches Symptom. Heute weiß man, dass Schmerz im Zusammenspiel von Körper, Psyche und Umwelt entsteht. Gerade chronische Schmerzen (das sind Schmerzen, die länger als drei Monate andauern) haben oft keine eindeutige Ursache. Stattdessen wird das Nervensystem selbst zum Problem: Es reagiert überempfindlich und empfindet selbst leichte Reize als Schmerz.

Moderne Therapiekonzepte setzen auf ein biopsychosoziales Modell. Das beinhaltet die ganzheitliche Betrachtung des Menschen. Körperliche, psychische und soziale Faktoren spielen gleichermaßen eine Rolle. So können Stress im Beruf, Einsamkeit oder eine Depression Schmerzen verstärken oder sogar erst auslösen.

Multimodale Schmerztherapie

Statt einfach nur Schmerzmittel zu verschreiben, kombinieren moderne Schmerzkliniken verschiedene Methoden. Diese sogenannte multimodale Schmerztherapie gilt heute als Goldstandard.

Eine typische Behandlung besteht aus mehreren Komponenten: Meistens gehören individuell angepasste Therapien mit Medikamenten dazu. Physiotherapie hilft dabei, die Beweglichkeit und das Gefühl für den eigenen Körper zu verbessern. Verhaltenstherapeutische Ansätze aus der Psychotherapie verändern den Umgang mit dem Schmerz. Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelentspannung oder ein Achtsamkeitstraining haben eine ähnliche Wirkung. Wenn es darum geht, den Alltag trotz Schmerzen zu meistern, hilft oft zusätzlich eine Ergotherapie.

In Brandenburg sind erste Einrichtungen dabei, diesen vielfältigen Ansatz einzuführen. Die Ambulanzen am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel integrieren beispielsweise verschiedene Fachrichtungen.

Wer weit von solchen Angeboten entfernt wohnt, kann durch digitale Lösungen von neuen Ansätzen profitieren.

Telemedizin: Hilfe per PC und Smartphone

Die Telemedizin hat in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht, was nicht zuletzt an der Corona-Pandemie liegt. Telemedizinische Plattformen, die ärztliche Konsultationen, das Ausstellen von Rezepten und den Bezug von Medikamenten ermöglichen, sind heute ein ernstzunehmender Teil der medizinischen Versorgung.

Darüber hinaus lassen sich auch Trainingsprogramme für die Schmerzbewältigung oder Gymnastik gut online vermitteln. Schmerztagebücher lassen sich heute über Apps führen. Weitere Möglichkeiten bieten Sensoren und Wearables, die Gesundheitsdaten erfassen und Feedback liefern.

Bewegung statt Schonung

Ein weit verbreiteter Irrtum besteht darin, sich bei Schmerzen zu schonen. Das führt zum Abbau von Muskeln, Fehlhaltungen und einer weiteren Chronifizierung des Schmerzes. Moderne Therapien setzen gezielt auf Bewegung, die an die individuellen Möglichkeiten angepasst wird.

An mehreren Orten in Brandenburg gibt es Reha-Sportgruppen, die gezielte Übungen unter fachlicher Anleitung anbieten. Ob in Neuruppin, Cottbus oder im Fläming: Vielerorts sind Sportvereine Teil eines Gesundheitsnetzwerks, das Aktivitäten wie Wandern, Radfahren oder Schwimmen anbietet.

Die Rolle der Psyche

Mentale Strategien sind kein Ersatz für Medikamente, aber sie können deren Wirkung sinnvoll ergänzen. Achtsamkeit, kognitive Verhaltenstherapie und die sogenannte „Pain Reprocessing Therapy“ zeigen laut Studien Erfolge. Dabei lernen Patienten, ihren Schmerz neu zu interpretieren und die Angst davor zu verlieren.

In Brandenburg gibt es Pilotprojekte, die diese Methoden in die Regelversorgung bringen wollen. Die Schmerzambulanz der Reha-Klinik Bad Belzig etwa arbeitet mit achtsamkeitsbasierten Verfahren und Selbsthilfegruppen. Das Ziel besteht darin, den Patienten zum aktiven Gestalter seines Gesundheitsprozesses zu machen.

Alternative Verfahren: Akupunktur, TENS und Co.

Auch komplementärmedizinische Methoden haben ihren Platz in der Schmerztherapie gefunden. Besonders beliebt sind Akupunktur, TENS-Geräte, die elektrische Impulse über die Haut abgeben und der Einsatz von Heilpflanzen.

Zwar wirken diese Methoden nicht bei allen gleich, doch sie haben wenige Nebenwirkungen und lassen sich gut in ein ganzheitliches Therapiekonzept integrieren.

Cannabis als Schmerztherapie

Medizinisches Cannabis ist kein Ersatz für eine umfassende Schmerztherapie. Es heilt nicht, lindert aber oft, besonders dort, wo andere Mittel versagen.

Seit 2017 ist Cannabis in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen verschreibungsfähig. Immer mehr Hausärzte greifen inzwischen auf diese Option zurück, wenn herkömmliche Mittel nicht ausreichen oder zu starke Nebenwirkungen haben.

Cannabis kann bei neuropathischen Schmerzen, Krämpfen und bei starken Nebenwirkungen einer Krebstherapie eine wertvolle Ergänzung der Behandlung sein. Wichtig sind dabei die Begleitung durch einen Arzt und die richtige Auswahl des Präparats. Denn je nach Zusammensetzung wirken THC und CBD unterschiedlich bei verschiedenen Schmerztypen.

Trotz gesetzlicher Möglichkeiten bleibt der Zugang zu medizinischem Cannabis oft schwierig. Viele Ärzte sind noch unsicher im Umgang mit der Verschreibung. Auch die Apotheken im ländlichen Raum haben nicht immer passende Produkte vorrätig.

Dazu kommen manchmal bürokratische Hürden: Zwar übernehmen Krankenkassen unter bestimmten Bedingungen die Kosten, doch der Genehmigungsprozess ist aufwändig und langwierig.

Der ganze Aufwand kann sich jedoch lohnen, wenn er zu einer dauerhaft verbesserten Lebensqualität führt.

Die Zukunft der Schmerztherapie ist individuell

Die neuen Entwicklungen in der Schmerztherapie bedeuten für Menschen mit chronischen Schmerzen vor allem eine berechtigte Hoffnung. Zwar ist die medizinische Versorgung nicht überall ideal, doch neue Ansätze und Technologien eröffnen neue Wege. Die Kombination aus klassischer Medizin, Psychologie, Bewegung, Heilpflanzen und digitalen Hilfen kann den Schmerz immer besser regulieren.

Die wichtigste Botschaft aus all dem: Chronischer Schmerz ist heute für die meisten Betroffenen kein Schicksal mehr.

Quellen

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